Die CDU stellt die größte Ratsfraktion und bestimmt dadurch die Geschicke Telgtes zu einem nicht unerheblichen Teil mit. Zuletzt bezogen die Christdemokraten dabei häufig konträre Positionen zur Haltung der Verwaltung.
Mit dem Fraktionsvorsitzenden Christoph Boge sprach WN-Redakteur Björn Meyer über Steuern, Feuerwehr, Verteilungsgerechtigkeit und die anstehende Bürgermeisterwahl.
Sie haben sich mit der CDU gegen die von der Verwaltung vorgeschlagenen Erhöhungen der Grundsteuern A und B ausgesprochen. Warum? Boge: Wir haben den Haushalt sehr intensiv beraten, in vielen Stunden innerhalb der Fraktion, und in zwei Finanzausschusssitzungen. In diesen Beratungen hat sich gezeigt, dass Steuererhöhungen für das Jahr 2015 nicht notwendig waren, deshalb haben wir diesen auch nicht zugestimmt.
Nicht notwendig heißt in Hinsicht auf ein Haushaltssicherungskonzept? Boge: Im Hinblick darauf, aber auch im Hinblick darauf, dass die Stadt die wesentlichen Investitionen und Aufgaben wird erledigen können. Dass das nicht für alle Wünsche reicht, das wissen wir. Aber das ist nichts Neues.
Das Geld reicht allerdings nicht nur nicht für alle Wünsche, sondern auch nicht für einen ausgeglichenen Haushalt. Dem Problem wird man sich stellen müssen. Boge: Das ist richtig. So wie die überwiegende Zahl der Kommunen und Städte.
Steuererhöhungen seien daher bald eh unerlässlich, so war es von anderen Fraktionen bereits zu hören. Würden Sie dem zustimmen? Boge: In dieser Absolutheit nicht. Wir haben auch in der Vergangenheit gesehen, dass zwischen Haushaltsplan und Abschluss durchaus große Differenzen bestehen können, weil die kommunalen Finanzen starken Schwankungen unterworfen sind.
Durch den Teilumbau der Schule in Vadrup werden zusätzlich 300 000 Euro benötigt... Boge: Voraussichtlich.
Sie wollen die Kosten anders aufteilen als die Verwaltung und sind auch der Meinung des in den Ausschuss eingeladenen Experten nicht gefolgt. Können Sie erläutern wieso? Boge: Konkrete Kostenschätzungen, was die einzelnen Gewerke angeht, werden von der Verwaltung erst noch vorgelegt. Daher gab es noch keine konkrete Entscheidungsgrundlage. Der Wirtschaftsprüfer hat eine Meinung geäußert ( Anm. der Redaktion: Ein Drittel der Ausgaben investiv zu veranschlagen ), wir haben vorher auch schon andere Meinungen gehört. Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, komplett im Aufwand zu buchen, die Kreisbehörde hatte gesagt, dass die gesamte Ausgabe als Investition gebucht werden könne.
Sie haben sich letztlich gar keiner Meinung angeschlossen und sich dafür ausgesprochen, dass zwei Drittel als Investition gebucht werden können. Boge: In der Tat haben wir uns eine eigene Meinung gebildet. Ich denke aber, dass unsere Einschätzung letztlich nicht so weit von der des Wirtschaftsprüfers entfernt liegt, denn die richtig teuren Gewerke, für Toiletten und Küche etwa, sind investiv zu veranschlagen. Und ich vermute, wenn die Zahlen nachher auf dem Tisch liegen, dass diese Gewerke zwei Drittel der Kosten ausmachen werden.
Es gibt einen gemeinsamen Antrag von FDP und CDU, die Planungen den Feuerwehrstandort Nord an der Einener Straße fallen zu lassen – konträr zur Meinung der Verwaltung... Boge: Das würde ich so nicht sagen.
Die Verwaltung spricht sich eindeutig dafür aus, dass zumindest die Option auf den Standort unbedingt erhalten bleiben soll. Gegensätzlicher geht es doch eigentlich kaum, oder wo sehen Sie Gemeinsamkeiten? Boge: Die Gemeinsamkeit ist sicherlich die Meinung, dass zur Schutzzielerreichung ein Standort Nord notwendig ist und dass die Aussagen im Brandschutzbedarfsplan von uns auch getragen werden. Aber: Der Standort Ritterstraße wird auf absehbare Zeit die Funktion des Nordstandorts erfüllen können. Wir haben gesagt, dass der Nordstandort mit einem Kostendeckel von einer Million Euro zu versehen ist. Es zeichnet sich klar ab, dass dieser Kostenrahmen an der Einener Straße nicht eingehalten werden kann. Damit ist die Beschlusslage für uns hinfällig.
Sie führen in dem Antrag unter anderem als Grund für diese Kosten die Steigerung im Bausektor an. Diese Kosten würden allerdings an jedem anderen Standort auch entstehen. Boge: Die Erfahrung, die wir mit dem Südstandort machen werden, sind für uns in die Planungen einzubeziehen. Aufgrund dieser werden wir möglicherweise zu anderen Entscheidungen kommen.
Der Bürgermeister ist der Meinung, man macht sich damit eine Option kaputt. Boge: Ist es denn überhaupt eine Option? Der Kreis Warendorf hat bislang keine Genehmigung ausgesprochen.
Die Verwaltung rechnet nach eigener Aussage schon bald damit. Boge: Ich darf daran erinnern, dass im November 2013 der Bürgermeister dort alle Bäume hat fällen lassen mit der Begründung, dass der Baubeginn bald bevorstehe.
Das beantwortet aber nicht die Frage nach der Option. Boge: Doch.
Dann ist die Antwort, dass Sie kein Vertrauen in die Verwaltung haben? Boge: Das ist Ihre Interpretation. Für uns ist nicht erkennbar, warum bislang keine Baugenehmigung ausgesprochen wurde. Wir stellen fest, die Bearbeitungszeit ist extrem lang und offenbar gibt es Fragen, die die Stadt bislang nicht zur Zufriedenheit der Behörde hat klären können.
Es gibt noch weitere Bereiche, in denen ihre Fraktion die Sichtweise der Verwaltung nicht teilt. Boge: Es ist unsere Aufgabe, kritisch zu fragen.
Sie fragen nicht nur, sie geben durch ihre Entscheidungen auch Antworten. Boge: Entscheidungen fallen immer aufgrund der Informationen, die man gesammelt hat. Die kommen nicht nur von der Verwaltung, sondern auch von links und rechts – und das müssen sie ja auch.
In einem Jahr ist Bürgermeisterwahl. Hat die CDU schon einen Kandidaten gefunden? Boge: Wir überlegen intensiv, allerdings im kleinen Kreis. Diese Überlegungen sind noch nicht so weit gediehen, dass sie das Licht der Öffentlichkeit erblicken können. Wir würden uns aber auch wünschen, dass sich der jetzige Amtsinhaber äußert, ob er eine weitere Amtszeit anstrebt.
Heißt aber, es hat sich schon ein Kandidat herauskristallisiert? Boge: Es gibt Überlegungen, Gespräche. Mehr kann ich nicht sagen. Fest steht, der Bürgermeister hat eine doppelte Funktion, die des ehrenamtlichen Bürgermeisters und die des Stadtdirektors. Es ist für jeden Bewerber eine unglaubliche Herausforderung, diese Anforderungen in einer Position zu konzentrieren.
Würden Sie sagen, auch wenn Bürgermeister Wolfgang Pieper sich noch nicht zu seiner Zukunft geäußert hat, der Wahlkampf hat bereits begonnen? Immerhin beziehen Sie in vielen Positionen äußerst deutlich Stellung. Boge: Das haben wir vorher auch schon getan. Nein, das ist Tagesgeschäft und themenabhängig. Natürlich vertreten wir unsere Meinungen offensiv. Aber ich sehe keinen Zusammenhang zwischen Sachthemen und Personen.
Wie schafft Telgte den Weg aus der Verringerung des Eigenkapitals? Boge: Ich kann da nur meine Haushaltsrede wiederholen. Es ist eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit. Die Kommunen schneiden da schlecht ab, ziemlich schlecht sogar. Dieser Aufgabe, diese Verteilungsgerechtigkeit wieder ins Lot zu bringen, müssen sich alle Parteien widmen. Von den Steuern, die hier erhoben werden, landen keine 20 Prozent im kommunalen Haushalt. Der Anteil der Aufgaben, die die Stadt für den Bürger zu leisten hat, liegt jedoch deutlich über 20 Prozent.
Quelle: Westfälische Nachrichten - Björn Meyer